Im Interview: Tim Breker von VYTAL
Wie das Startup aus die Höhle der Löwen für weniger Verpackungsmüll kämpft.
Bekannt durch ihren TV Auftritt in “Die Höhle der Löwen” im September letzten Jahres, möchten die drei Gründer Dr. Tim Breker, Sven Witthöft und Dr. Fabian Barthel mit ihrem Mehrwegsystem VYTAL das To-Go-Geschäft endlich nachhaltig gestalten. Mithilfe der einfachen QR-Funktion können Nutzer:innen ihr Essen in unterschiedlichen Mehrwegbehältern bei teilnehmenden Gastronomien mitnehmen und entspannt 14 Tage lang vor Ort zurückgeben. Und dieses Konzept kommt an: Mittlerweile werden jeden Tag mehr als 10.000 To-Go Essen in den VYTAL-Schalen ausgegeben und 45 Mitarbeiter:innen kämpfen gemeinsam für den Verzicht auf Einwegpackungen.
Wir haben mit Gründer Tim in einem kleinen Interview mal genauer hingeschaut und über das Mehrwegsystem, die eigene Unternehmensmission und spannende Zukunftsvisionen gesprochen. Viel Spaß beim Reinlesen!
Du hast vor deiner Gründung von VYTAL im Sommer 2019 u.a. als Unternehmensberater bei Boston Consulting gearbeitet. Woher kam der persönliche Antrieb ein Mehrwegsystem für Take-Away, Delivery & Convenience Food zu entwickeln?
Tatsächlich haben wir alle drei Gründer von VYTAL – Fabian, Sven und ich – vorher bei der Boston Consulting Group in der Unternehmensberatung gearbeitet. Ich persönlich war, bevor ich bei der Boston Consulting Group gearbeitet habe, schon 6 Jahre lang selbstständig und habe ein Franchise-Netzwerk für Schulkioske aufgebaut, also auch ein Social Business betrieben. Das hat mir extrem viel Spaß gemacht, da man sehr nah an der Wirkung ist. Als Unternehmer trifft man Entscheidungen und sieht, was diese Entscheidungen bewirken und kann dann nachsteuern. Man ist eben in einer aktiven Entscheider- oder Umsetzerrolle – anders als in der Beratung. Ich bin extrem dankbar für die Möglichkeit & das ist genau meine Leidenschaft: Unternehmertum & Wirtschaft nutzen, um gesellschaftliche Herausforderungen anzugehen und Lösungen zu entwickeln.
Für alle Nutzer:innen: Erklär doch nochmal ganz kurz, wie das System funktioniert. Woran verdient ihr letztendlich und zahlen Gastros dann drauf?
Was VYTAL von anderen Mehrwegsystemen unterscheidet ist, dass es keinen Pfand gibt. Unser Mehrwegsystem funktioniert digital, also per App. Das heißt, die Gastros haben eine App, um die Mehrwegbehälter an die Gäste auszugeben und die Gäste haben wiederum auch eine VYTAL-Nutzer-App. Alternativ gibt es auch noch die Möglichkeit, sich einmalig eine Offline-Karte zu kaufen, auf die man dann immer zwei Behälter ausleihen kann, um das ganze System analog und ohne App nutzen zu können. Für die Nutzer:innen ist unser System eine Mischung aus Carsharing und Bibliotheksausweis. Das heißt, man registriert sich einmal bei uns in der App und kann dann bei allen kooperierenden Gastronomien so viele Mehrwegbehälter ausleihen, wie man gerade braucht und das alles kostenlos. Das Ganze wird erst kostenpflichtig, wenn man die Behälter dann nicht rechtzeitig innerhalb der 14 Tage zurückbringt. Wenn man merkt, man schafft es nicht rechtzeitig, dann kann man allerdings auch nochmal für einen Euro die Ausleihfrist verlängern.
Wir finanzieren uns mit jedem Mal, wenn eine Einwegpackung vermieden wird. Gastronomien, die ihre Speisen nicht in eine Einwegverpackung, sondern in eine VYTAL-Box füllen, zahlen uns einen kleinen Betrag. Je nachdem um welchen Mehrwegbehälter es geht, liegen wir hier so zwischen 10 und 30 Cent. Damit sind wir vergleichbar mit biologisch abbaubaren Einwegverpackungen, die teilweise noch teurer sind, als die Gebühr bei uns. Das ist ja das Absurde – dass die Gastronomien für die Einwegverpackungen zahlen, die von Gästen 30-60 Minuten genutzt werden und danach, wenn es (im schlimmsten Fall) Plastik ist, die nächsten 500 Jahre auf unserem Planeten noch zugegen sind, obwohl sie nur so kurz genutzt wurden. Daher entscheiden sich auch immer mehr Gastronomien und Nutzer:innen für unsere Mehrweg-Lösung, da es einfach die deutlich umweltfreundlichere und effizientere Lösung ist. Und zudem auch noch das Essen besser transportiert werden kann, länger warmhält und ansehnlicher ist.
Welche Art von Verpackungen habt ihr derzeit?
Wir haben aktuell drei klassische Mehrwegschalen und eine unterteilte Menüschale, in der man auch zwei oder drei Komponenten verpacken kann, im Sortiment. Wir haben zudem Sushi-Verpackungen, Pizzaverpackungen und auch Mehrweg-Kaffeebecher im Angebot. Und versuchen da Stück für Stück das ganze Angebot abzudecken. Da sind wir sehr flexibel und das ist auch das Spannende an unserem System, wir können sehr einfach neue Verpackungsformen mit aufnehmen. Wir haben auch schon die ersten kooperierenden Gastronomien, die ihre eigenen Mehrwegbehälter auf Basis unseres Systems im Umlauf haben. Da sind wir quasi die White-Label-Solution für die Gastronomie.
Auf eurer Website findet man die erschreckende Zahl, dass jeder Deutsche 226,5 Kg Verpackungsmüll pro Jahr verursacht. Was glaubst du sind die größten Schwierigkeiten bei der Verminderung dieser Zahl?
Ich glaube, wie so häufig mit Veränderungsprozessen, ist es eben genau das: ein Prozess! Es gibt immer ein paar Vorreiter, die sagen ‘Ich möchte neue Sachen ausprobieren, ich habe da Spaß dran!‘ und das sind die über 1.000 Partner:innen, die bereits mitmachen. Aber natürlich gibt es da auch noch viel Potential.
Ich glaube, dass das teilweise noch ein Bekanntheitsproblem ist. Nicht jeder schaut “Die Höhle der Löwen” und kennt VYTAL schon und gleichzeitig ist es dann ja auch die Veränderung, die stattfinden muss. Da sind, gerade durch die Coronakrise, aktuell viele Gastronomien mit überlebenswichtigen Themen beschäftigt, sodass es einfach noch seine Zeit brauchen wird, bis alle Mehrweg mit ins Programm nehmen. Aber spätestens 2023, wenn dann die Mehrwegangebotspflicht in Deutschland kommt, freue ich mich schon sehr drauf, dass viel passieren wird.


Wir kennen mit Foodguide die Höhle der Löwen ja auch noch ganz gut. Wie habt ihr euren Auftritt hier wahrgenommen und was hat euch das Ganze gebracht?
Ja, also das war eine super tolle Erfahrung, wir haben sehr viel gelernt. Es ist natürlich nichts Alltägliches in so ein Fernsehstudio reinzulaufen, wo 30 Kameras auf einen gerichtet sind. Das war eine sehr aufregende und spannende Erfahrung und die Bekanntheit, die man dadurch gewinnt, dass 2,5 – 3 Millionen Menschen in Deutschland das eigene Unternehmen sehen ist natürlich Wahnsinn.
Und wollt ihr euch auf die Großstädte konzentrieren oder sehr ihr deutschlandweit auch in ländlichen Regionen gute Möglichkeiten?
Wir haben ganz viele Gasthäuser und Partner:innen im ländlichen Raum, also wir sind deutschlandweit sowohl im urbanen als auch im ländlichen Raum unterwegs.
Seht ihr auch im B2B Geschäft spannende Symbiosen? Wie können Unternehmen mit euch zusammenarbeiten?
Wir arbeiten mit vielen Unternehmen und Betriebsrestaurants zusammen. Wir arbeiten auch mit Unternehmen zusammen, die keine Kantine haben und dann eine Rückgabebox von uns mieten, um ihrem Team die Rückgabe so einfach & bequem wie möglich zu machen. Gleichzeitig zählen Arbeitgeber:innen dann, wie viele Schalen zurückgegeben wurden und können dann für den Sustainability Report ganz klar nachweisen, wie viele Verpackungen eingespart wurden. Das sind tolle Möglichkeiten für Unternehmen, die nachhaltiger werden und Verpackungsmüll einsparen möchten.
Danke an Tim Breker für das sehr spannende Interview. Wenn du mehr über VYTAL erfahren möchtest, dann besuche die Website des Unternehmens unter www.vytal.org ?